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Magie Der Travestie

Bericht: Esther A.  / Fotos: Esther A.


Die Nacht der Illusionen

Freitag 23.02.2018 im Bodenseeforum in Konstanz (D)
Was wohl für die meisten meisten Besucher dieser Show eine pure Illusion darstellt, ist für uns Frauen des GWHF’s die Realität. Dies natürlich nicht im Aspekt der Show, sondern des ‚Frauseins‘. Bei einigen der Künstlerinnen, ist es fast schon unmöglich eine Vorgeschichte als ‚Mann‘ zu erkennen. Auf jeden Fall, es war ein äusserst gelungener Abend, das Publikum begeistert!.

Rita und ich trafen uns in Oberwinterthur, von wo wir gemeinsam nach Konstanz fuhren. Bei klirrender Kälte, nach feinen Fischknusperlis mit Salat, suchten und fanden wir einen Parkplatz und begaben uns an die Show. Schon bald gesellten sich Yvonne mit ihren beiden Begleiterinnen zu uns.

 

Baby Babel führte äusserst humorvoll durch den Abend

3 Frauen vom RTL mit Ihrer Show – Divine Carousel

Bekannte Pop Sängerinnen müssen dran glauben und werden parodiert
Divine Carousel – Puda Puda

Auch die Damenherzen kommen nicht zu kurz – Marek Del Mar

Hier findet sich nichts männliches‘ mehr an dieser Frau – Danielle Marques aus Brasilien
Sie besticht mit einem perfekten Strip Tease

Nach der Show durften wir uns mit der Schönheit fotografieren lassen

Nun zurück in die Schweiz, es liegen noch viele Kilometer vor mir, doch es hat sich gelohnt! Ein schöner Abend ging zu Ende…. Wie alles, auch die Illusionen….

GWHF First

Die Zähler sind auf null gestellt

Bericht: Rita / Fotos: Rita & Nicole


Ein Jahreswechsel ist immer ein kleiner Neuanfang. Eine neue Runde beginnt. Wir blicken vorwärts und sind voller Elan.

Nicole und Rita wollen die Runde mit Lädele in Zürich eröffnen. Wo denn sonst!

Wir blicken einem verregneten Bächtelitag entgegen.

Wenigen Stunden vor dem Treffen regnet es wie aus Kübel. Jetzt nur nicht die Nerven verlieren.
Für solche Fälle haben wir das Schlechtwetterprogramm
Es beinhaltet: Action und Abenteuer · Besichtigungen und Rundgänge · Einkaufen · Entspannen · Kreatives · Kulinarisches · Menschen · Sport und Spiel · Tiere · Unterhaltung · Wasser · Wissen, Lernen oder Kultur?

Wie entscheiden uns für Einkaufen, Unterhaltung, Kultur und Kulinarisches. Das passt am besten zu unserem Styling.
Am heutigen kalten Regentag ist es am angenehmsten sich im Warmen aufzuhalten. Im Raum Zürich gibt es viele Shopping Adressen.
Wir gehen ins Einkaufszentrum Glatt.
Fast alle 4500 Parkplätze sind schon besetzt, Was geht hier ab heute?

 

Es ist Ausverkauf und grosser Päckli Umtausch. Das haben wir völlig vergessen. Es hat sehr viele Shoppingsüchtige, es ist eng in den Läden, Körperkontakt ist unvermeidlich. Unsere Wahl fürs Glattzentrum ist ein Volltreffer.

Wir haben gute Stimmung, es ist einfach lässig. Wir schauen den Leuten beim Schlittschuhlaufen zu. Sollen wir oder sollen wir nicht. Die Leute würden sich bestimmt freuen, wenn uns dabei die Perücke wegfliegen würde. Wir verzichten schweren Herzens.

Nicole und Rita gehen extravagant zur Sache. Wir suchen die perfekten Outfits. Im Glatt gibt es alles was das Herz begehrt. Es hat schöne Geschäfte mit bekannten Markenartikeln.
Die Verkäuferinnen beraten uns zuvorkommend und kompetent. Shopping Queen sein macht so grossen Spass. Für High Heels ist es die falsche Jahreszeit, man findet fast nur Winterschuhe. Das weitläufige Glatt sorgt für müde Beine. Die High Heels habe das Ihrige dazu beigetragen.

-siehe Spruch Madonna-. Wir gehen mit leeren Händen für einen Pit Stop in einem Restaurant auftanken. Dann sagen wir dem Glattzentrum adieu und freuen uns auf Zürich.

Unser Bedarf zum Lädele ist für heute gedeckt, ich bin beinahe stehend ko. Über den Dächern von Zürich zuoberst im Modehaus Modissa, ist der rechte Ort für einen Drink. Wir geniessen die Aussicht über die Altstadt von Zürich. Zürich kann so schön sein.

Plötzlich kann ich den Hunger hören. Der Magen meldet sich mit einem ungeduldigen Knurren zu Wort.
Die Bahnhofstrasse entlang, den Rennweg hoch über die Limmat und wir kommen nach 30 Minuten im Niederdorf an. Das Personal vom Santa Lucia freut sich offensichtlich über unseren Besuch. Nach einem schönen Essen und gutem Wein sind wir wieder voller Tatandrang.
Nur nach Hause, nur nach Hause, nur nach Haues geh’n wir nicht.

Zur vorgerückter Zeit so gegen 23 Uhr finden wir in der Splendid Pianobar noch gute Unterhaltung. Die wollen wir uns auf keinen Fall entgehen lassen. Zwei, drei Fläschchen später werden wir von einer Dame umarmt und geküsst. Ihr seht gut aus meint sie. Dieses Kompliment ist wie das Schümli vom Bier.
Wenn du etwas erleben willst, was du noch nie erlebt hast, musst du etwas tun, was du noch nie getan hast.

Rita

Wie ich wurde, was ich bin

Die Geschichte einer Bäuerin.


Das Magazin, 17. 11. 2017 , von Erwin Koch
Bild: Thomas Kern / Aktualisiert am 10. Januar 2018, 9:05 Uhr

 

Geboren am Morgen des 25. November 1969 im Kantonsspital Aarau: Stefanie L., sechs Wochen zu früh, 2800 Gramm, die Haut gelb, Atemnot, Durchfall. Zu Hause brennt eine Kerze, Tag und Nacht, Stefanie überlebt – eigentlich wollte ich sterben. Sie ist das dritte Kind ihrer Eltern, die Mutter Bäuerin, der Vater Bauer in R., drei Kilometer bis ins Dorf. Stefanie beginnt spät zu gehen, spät zu reden, sie ist schlank und blond und hübsch, ein fröhliches Kind, manchmal setzt sie sich zum Vater, der lustige Geschichten ausdenkt, Stefanie sei ein Zauberer und habe einen Stab, damit klopfe sie an einen Baum, schtips, schtaps, schtöps, aus dem Baum wird, was man sich wünscht. Manchmal zieht Stefanie den Unterrock der Mutter an und tanzt durch das Haus. Am Abend sitzt Muetti an den Betten, spricht ein Gebet, zeichnet den Kindern das Kreuz auf die Stirn. Droht ein Gewitter, bricht sie einen Zweig von der Palme, die der Pfarrer vor Ostern segnete, und legt ihn ins Feuer – Jesus und Maria, verschont uns vor Hagel und Sturm.

Das Kind, sagt die Lehrerin, sei Legastheniker. Der Mutter, in Ägeri zu Kur, schickt Stefanie jeden Tag einen kurzen Brief – Liebs Muetti, gestern Abend bekam die Moore in der zweiten Box zehn Ferkel. Alles Gute. Von Stefan.

Auf dem Pausenplatz stellen sie ihr das Bein, drücken ihr Gesicht in den Brunnen.

Dann spiel doch mit den Mädchen, sagt Vati.

Dann schlagen mich die Buben erst recht.

Jeden Sonntag wartet der Grossvater stumm im Auto des Vaters, bis Vati und die Kinder sich zu ihm setzen und zur Kirche fahren. Nach der Messe bespricht sich der Alte mit den Bauern des Dorfes, eine Stunde lang oder zwei, der Vater und die Kinder warten. Zu Hause trägt die Mutter, oft traurig und müde, Braten auf, trägt ab, räumt auf, legt sich ins Bett, es ist Sonntagnachmittag, Stefanie sitzt in einer Wiese und denkt sich weg.

Liebs Muetti, hat es in Ägeri schon Schnee? Alles Gute. Stefan.

Im Beichtstuhl erfindet sie Sünden – ich habe gestohlen, ich habe gelogen, sie gefällt sich im langen weissen Kleid, das sie zur Erstkommunion trägt. Sind die Cousins zu Besuch, ist sie ein Indianer und erschiesst sich rasch, damit sie nicht länger spielen muss – päng, päng, ich bin tot. Vom Schmutzigen Donnerstag bis Güdisdienstag, Fasnacht, trägt sie Rock und Maske und zieht von Hof zu Hof, wagt sich ins Dorf.

Die Mutter sagt: Zieh endlich den Rock aus, bist doch kein Meitschi.

In der Schule, während der Pause, versteckt sich Stefanie in der Toilette. Der Vater, an multipler Sklerose erkrankt, verpachtet den Hof, 1980, die Mutter arbeitet im Altersheim. Im Klassenlager, eine Woche lang, weint sich Stefanie nachts in den Schlaf – he, Stiefel, vermisst wohl dein Mami.

Am Samstagabend fährt sie mit der Mutter nach V., sie setzen sich in die Kirche St. Peter und Paul, und Stefanie hört das Rauschen der Orgel, lauter und kräftiger als in R. Im Rücken der Mutter schreitet sie zur Kommunion, dann gehen sie hinüber ins Café und essen Kuchen. Manchmal sieht sie den Vater in der Toilette stehen, sie sieht sein Glied, viel grösser als ihres, dick und hässlich, umgeben von wildem krausem Haar.

Ein halbes Jahr im Fussballklub, ein halbes Jahr im Turnverein – warum ist man, wie man ist?

Ist der Vater zur Kur in Montana, füttert Stefanie morgens die Schweine, fährt dann mit dem Rad ins Dorf, hört, wie einer zum andern sagt: He, die Party am Samstag war total lässig, ich weiss nicht mehr, wie ich nach Hause kam.

Stefanie sitzt in der Klasse und sieht die Mädchen neben sich – Mädchen sind so anders. Der Lehrer sagt: Stefan, schau dir die Damen nach Schulschluss an.

Ab und zu, wenn niemand im Haus ist, zieht sie den Rock einer Schwester über, ab und zu einen BH, stopft ihn mit Socken oder Tüchern.

Stefanie redet kaum noch – Bub, was ist nur los mit dir?

Nichts, sagt Stefanie.

He, Stiefel, weisst du überhaupt, was ein Pariser ist?

He, Stiefel, die Theres ist scharf auf dich.

Die Mutter bringt ihr Kind zum Arzt. Ob Stefanie, fragt der Mann, schon einmal einen Erguss gehabt habe.

Einen Erguss?

Einen Samenerguss.

Der Arzt reicht Antidepressiva.

Stefanie möchte Goldschmied werden oder Geigenbauer, Muetti schlägt Landwirt vor, der Götti sucht ihr eine Stelle.

Geh doch mal aus, sagt die Mutter.

Mach was mit den andern.

Ist jemand verrückt, der keine Brüste hat und keine Scheide, aber Brüste spürt und eine Scheide?

Stefanie ist diplomierter Landwirt, 1989, dann Rekrut der Schweizer Armee, schwere Artillerie, der Korporal befiehlt Stefanie in eine Pfütze, aufstehen, abliegen, aufstehen, abliegen. Stefanie ist auch Holzfäller, arbeitet für Bauern im Tal, bringt Mist und Gülle aus – keine Memme. Mit Kollegen besucht sie die Olma, Schweizer Messe für Land und Milchwirtschaft, kippt Bier und Schnaps, wird Mitglied des Schiessvereins, singt im Jodlerchörli Heimelig.

Enge schwarze Strümpfe, versteckt in einem Fass in Vaters Scheune.

Nagellack.

Dann wieder dieses eklige Zeug, das aus ihr spritzt –

Stefanie L. beginnt eine Maurerlehre.

23.4.91: Noch nie hat mich ein Buch so erschüttert wie jenes von Romy Schneider. Romy geht mir den ganzen Tag durch den Kopf. Obwohl sie vor 9 Jahren starb, lebt sie in mir fort.

5.5.91: Es ist jetzt ziemlich genau ein Jahr her, dass ich mit Annemarie reiten ging und ich mich in sie verliebte. Wenn es der Allmächtige will, wird Annemarie diesen Sommer zu mir finden.

9.6.91: Jodlerabend in F.: Wir sitzen in der Reithalle, dann kommen die Dirndl aus dem Allgäu herein. Ich erblicke ein zierliches, rot-braunhaariges Mädchen, und sofort hat es mich erwischt. Claudia! Ich tanze mit ihr, dann begleitet sie mich in die Bar, das ist leider alles.

22.6.91: Sie hat schöne, satte Brüste, eine schlanke Taille, schlanke, aber nicht magere Beine. Nackt muss sie wundervoll aussehen, und mit Claudia zu schlafen, müsste die Erfüllung sein.

18.9.91: Wenn alles klappt, werde ich diesen Winter in F. Theater spielen. Es wäre wundervoll, entdeckt zu werden und dann grosse Rollen zu bekommen und Partnerinnen wie Romy Schneider.

Im Nähzimmer der Mutter findet Stefanie vier Achselpolster, sie näht sie, jeweils zwei, zusammen, füllt sie mit Watte und legt sie ins Fass zum BH.

13.1.92: Am Samstag war Theaterpremiere von Es onerchannts Glöck. Auf der Bühne bin ich jemand, den ich nicht kenne. In Agnes verliebt, sie weiss es nicht.

Allein in ihrem Zimmer, denkt sie sich Seeschlachten aus, die sie auf Baustellen mit Kollegen schlägt – dank der Aufklärung einer PBY konnte das feindliche Schalungsgeschwader entdeckt werden. Meine 3:1 überlegene und 4 Knoten schnellere 2. Schlachtkreuzerdivision begann um 6.50 Uhr mit Feuer aus den 70er u. 50er Nagelrohren den Feind zu vernichten. Noch einmal gefährlich wurde es, als das Armierungsflaggschiff von Vögeli aus der feindlichen Linie ausscherte und meine Vorhut angriff. Durch glückliche Treffer ihrer 28 cm Geschütze versenkte sie innerhalb 10 min HMS Schwegler und HMS Troxler, bevor sie über den Bug sank. Nach weiteren gegnerischen Verlusten, Zuschalen und Betonieren strich Vögeli um 11.30 Uhr die Flagge und unterzeichnete in Port Unterkulm auf der HMS Stirnimann die Kapitulationsurkunde.

Am 29. Mai 1992, 22 Jahre alt, schreibt Stefanie L. in ihr Tagebuch, auf den Tag genau vor 10 Jahren sei der Mensch gestorben, den sie am meisten verehre, bewundere, beneide und der sie am meisten erbarme. Ihr Leben lang habe Romy nichts als gelitten, sie, Stefanie, hoffe, sie komme mit ihrer Zerrissenheit besser zurecht als Romy, die Wirklichkeit halte ich kaum aus.

Sie kauft Zeitschriften, Playboy und Girl, zeichnet nackte Frauen in ihr Buch, auf den Deckel klebt sie das Bild von Romy Schneider. Im August 1992 reist sie mit ihrer Mutter nach Russland – ich denke Tag und Nacht nur noch an Svetlana.

2.9.92: Am letzten Wochenende war die Jodlerreise in den Schwarzwald. Hubi und ich waren in einem Bordell. Eine hat mir gut gefallen, und mit ihr wäre es sicher schön gewesen, ich musste aber immer an Svetlana denken, ich liebe sie und möchte zuerst mit ihr schlafen, bevor ich so etwas tue. Ich möchte Svetlana lieben, wie Konsalik es in seinen Romanen beschreibt. Im Schilfgürtel eines russischen Stromes möchte ich sie umschlingen und in ihr die unergründliche Tiefe Sibiriens entdecken.

Ab und zu findet die Mutter in Stefanies Schrank schwarze Strümpfe, sie wirft sie in den Müll und schweigt, Stefanie schweigt.

16.5.93: Gestern habe ich mich wieder im Badekleid fotografiert. Zum letzten Mal, ich schwöre es.

Im September 1993, 23 Jahre alt, fliegt Stefanie nach Malta und schliesst sich dort einer Gruppe an, um nach Sizilien zu segeln – Valentinas Figur ist traumhaft schön, durch die Öffnung der Ärmel sah ich ihren Brustansatz, sie hat kleine, aber wunderschön geformte Brüste. Hoffentlich kann ich ein paar schöne Fotos von Valentina machen, die ich dann ins Romy zeichne.

Den letzten Abend feiern sie in einem Restaurant am Meer, Stefanie will zurück aufs Schiff, ihr sei schlecht, sagt sie, dann steht sie auf, geht los und kauft das Kleidchen, das sie zuvor gesehen hat, zieht es, allein auf dem Boot, sofort an, pink und grün.

Sie ist ein guter Maurer, nie zu spät, nie krank, Stefanie wird Bauleiter bei der Studhalter AG, die Achselpolster, die sie nachts in den BH steckt, einst weiss, sind jetzt grau und schwarz.

Was ist Wirklichkeit?

Nachts bastelt sie Schiffe in der Küche der Mutter, erfindet neue Schlachten – immer noch keine Reaktion vom Kommandanten. Die nächste Salve ist tiefer gerichtet und schlägt krachend in den Rumpf der Renown. Holz splittert und trifft den Offizier der Steuerbordwache, der Kommandos gibt, um das Vorschiff von der heruntergestürzten Takelage zu befreien. Blutüberströmt schleppen ihn zwei Männer zum Niedergang.

Sie schreibt: Ich beginne zu akzeptieren, dass ich nicht so bin wie die meisten Leute.

Und was ist Wahrheit?

14.11.93: In B. spielen wir Was wemmer wette? Ich stehe in schwarzen Strümpfen und Mini auf der Bühne, eine Traumrolle. Die Leute sollen nur sehen, dass ich schöne Beine habe. Manchmal möchte ich ein Mädchen sein und mich selbst befriedigen.

Stefanie L. färbt die Nägel ihrer Zehen rot, geht so zur Arbeit auf dem Bau – was bin ich doch für eine perverse Sau.

28.11.93: Oh, Romy, ich bin wieder auf bestem Weg, mich zu verlieben. Es ist Eveline! Mädchen = Schmerz. Romy, bitte tröste mich.

5.4.94: Die Premiere war super. Romy, du warst bei mir, ich habe dich gespürt. Das Frideli ist vermutlich die schönste Rolle in meinem Leben. Ich könnte mich in mich verlieben, wenn ich in den Spiegel schaue.

Wieder holt sie ihre Röcke aus Fass und Schrank, stopft sie in einen Sack und schmeisst sie weg, kauft neue. Wochenlang, bis sie schmerzen, liegt sie nachts mit roten Pumps im Bett, die Absätze neun Zentimeter lang, postlagernd bestellt beim Versandhaus Vamos.

Stefanie wechselt zum Jodlerklub Berggruess. Am Fernsehen sieht sie Martina Hingis – sie ist so wunderschön.

Nachts setzt sie sich in ihr Auto und fährt nach Zürich oder Bern, zieht sich im Parkhaus um, Perücke, Mini, Strümpfe, und stöckelt durch die Strassen, Stefanie, oft schlecht rasiert, liebt die Blicke Fremder, manche grinsen, und hat sie das Gefühl, jemand habe sie erkannt, flieht sie zum Auto, rast zurück nach R. an den Rand des Dorfes – ob es auf dieser Welt noch andere gibt, die so sind, wie ich bin?

21.11.94: Heute habe ich das Stahldeck der Parma fertig verlegt und das Backbordschanzkleid angebracht. Gäbe es die Schifffahrt nicht, wäre ich vermutlich schon längst bei dir, Romy.

5.1.95 Gestern auf dem Heimweg habe ich einen wunderschönen Spitzenbody und dazu passende Selbsthalterstrümpfe gekauft. Dazu kamen noch 2 Paare teure gute Strumpfhosen. Den Body und die Strümpfe trug ich bis zur Tankstelle.

Stefanie L., Landwirt, Holzfäller, Maurer, kauft einen Traktor, Hürlimann D100, vier Zylinder, Diesel, 45 PS, Stefanie wird Mitglied des Vereins Freunde alter Landmaschinen.

13.1.95: Heute bin ich mit dem Body und den Strümpfen unter den Kleidern an die Probe gegangen. Lieber Gott, ich danke dir, dass ich so schlank bin und nicht grössere Füsse habe.

Stefan, was ist los mit dir?, fragt Muetti. Wieso gehst du nie aus?

9. Mai 95: Martina Hingis, ich liebe dich.

Stefanie kauft einen zweiten Traktor, einen dritten, rüstet sie auf mit Gussauspuff, mit Lichtmaschine und Zündschloss, rattert zu den Treffen der Freunde alter Landmaschinen, die Nägel ihrer Zehen, in Schuhen versteckt, rot. Der Vater überschreibt ihr den Hof, der noch immer verpachtet ist, Stefanie baut die Scheune um, spielt Theater in F., De Schacher Seppali, sie kann kaum schlafen, wenn bei der Studhalter AG eine neue Baustelle ansteht – ich hab null Vertrauen in mich, wer bin ich denn? Ihre Traktoren nennt sie nach den Frauen, in die sie verliebt ist – die Agnes, schreibt Stefanie, hat jetzt ein neues Steuerrad und die Annemarie eine restaurierte Frontpartie.

Stefanie setzt sich in eine Kirche und weint.

Heute hat die geile Stefanie, die ihre eigene Nutte ist, den oberen Holzschopfboden betoniert, 6.8.96.

Jeden Samstag hilft sie einem Bauern, Freund alter Landmaschinen. Seine Frau, Mutter von zwei Kindern, Laura, ist jung, 26 Jahre alt. Irgendwann, allein zu Hause, beginnt sie zu weinen, ihr Mann, sagt Laura, trinke am Morgen bereits Schnaps, ganze Gläser voll, dann lege er sich ins Bett und schlafe weg, überlasse ihr das Füttern, das Melken, Misten, es sei kein Leben mehr.

Wenn ich helfen kann, helf ich gern.

12.4.97: Romy, ich muss dir etwas sagen: Zum ersten Mal in meinem Leben werde ich von einer Frau geliebt. Ihre Küsse gestern waren leidenschaftlich, für mich ein neues Gefühl.

Stefanie und Laura kaufen Handys und schreiben SMS – liebster Stefan, Sepp ist heute nicht hier.

Du bist meine erste Freundin überhaupt.

Wie kommt das?, fragt Laura.

Das kommt davon, dass ich einer bin, wie ich keinen kenne.

Stefanie und Laura sitzen im Konzert von Sina, von Bonnie Tyler, Tina Turner, Céline Dion, Laura legt ihre Hand auf Stefanies.

Romy, du bist mein Schutzengel, und ich möchte der von Laura sein.

Stefanie kauft einen Hürlimann D120 und nennt ihn Martina – schliesslich steht sie heute in Wimbledon im Final.

6.7.97: Oh, Romy, ich kann nichts dafür: Ich fühle mich weiblich. Beine, Schlitz, Brüste. Romy, ich will ein scharfes Mädchen sein.

Muetti schweigt.

Ich hoffe fast, schreibt Stefanie, dass mich endlich jemand erwischt.

Sie rasiert Arme, Brust, Bauch.

Heute 14 m3 Eichenholz nach Hause geholt. Jetzt will ich nur noch eines: Strümpfe und Pumps.

Die Jauchegrube ist geschalt, Romy, ich liebe dich.

24.4.98: Morgen nach dem Besuch der Zentralschweizer Frühlingsmesse suche ich mir eine schöne Nutte. Zum ersten Mal werde ich in eine Frau eindringen. Ich ziehe den neuen grünen Body an. Bin gespannt, wie sie reagieren wird.

Es ist anders gekommen, weil ich so unerfahren bin, 25.4.98.

Ich hasse diese Welt, ich hasse mein Leben.

Im Löwen serviert jetzt eine Blondine, Aline, ein süsses Mädchen mit schönen Beinen und knackigem Po.

Der Landini ist da, ein herziges urchiges Traktorlein, das den Namen Tina bekommt, dafür werde ich den R28 in Doris umtaufen.

In Ottilia verliebt.

In Jacqueline.

Oh, Romy, es kotzt mich alles an, gib mir meinen inneren Frieden und ein Mädchen, sonst gehe ich drauf, 22. Oktober 1998.

An einem Sonntag im September 1999, als Lauras Mann ein Schwingfest besucht, sitzt Stefanie neben der Frau, die sie liebt – du hast mir viel erzählt aus deinem Leben, nun will auch ich dir etwas verraten.

In Ordnung, sagt Laura.

Ich gehe nun zur Toilette und komme wieder. Dann siehst du, was ich meine.

In der Toilette zieht Stefanie ihre Hose aus, den Pullover, steht jetzt im kurzen engen Kleid vor Laura.

Ich brauch das ab und zu, sagt sie.

Wenn du meinst, sagt Laura, wenn dir das wichtig ist.

27.9.99: Oh, Romy, seit Laura mich in Frauenkleidern kennt, ist zwischen uns grosse tiefe Liebe entstanden. Am Samstag bin ich mehr als zwei Stunden mit dem Silberbody, den Laura für mich bestellte, und den schwarzen Stiefeletten durch Basel flaniert. Es war geil.

Am 26. Dezember 1999, Stephanstag, zerstört ein Sturm Stefanies Wald, er fällt das schwere Betonkreuz, vier Meter hoch, das am Weg zum Hof steht, hundert Jahre hielt es stand, Stefanie schreit im Wind und weint – die Welt geht unter. In ihrer Maschinenhalle giesst sie ein neues Kreuz, so schön wie das alte, und stellt es an die Strasse, Ende April 2000, der Pfarrer fährt vor und segnet das Werk.

Gestern, Pfingstmontag, 12. Juni 2000, nahm mir Laura meine Jungfräulichkeit. Seit ich in Laura drin war, bin ich ein anderer Mensch, ein Mann. Jesus und Maria, ich danke euch und allen Heiligen.

Jeden Montagabend fährt Laura zu Stefanie an den Rand des Dorfes, zwei Stunden Liebe in ihrem Bett – darf ich das, mein Glied in eine Frau stecken? In die Frau, die ich liebe wie niemanden sonst.

Laura begleitet Stefanie nach Aarau, nimmt sie mit in die Umkleidekabine, Stefanie trägt Frauenhose, Frauenschuhe – Damenmode probieren ist etwas vom Schönsten.

Im Jahr 2002 wechselt sie vom Baugeschäft Studhalter zur Spanplattenfabrik Kronospan, Stefanie wird Logistiker, vier Tage Frühschicht ab fünf Uhr morgens, dann 48 Stunden Pause, vier Tage Spätschicht, erste Nachtschicht, zweite Nachtschicht. Laura verlässt ihren Mann und zieht nach R. in die Mitte des Dorfes, Stefanie wohnt bei ihr und den Kindern, baut ihr altes Haus um, zimmert und pflastert, je nach Schicht, oft bis Mitternacht und beginnt dann um fünf in der Fabrik. Sie kündigt dem Pächter, lebt wieder auf dem eigenen Hof, Laura an ihrer Seite und ein Kollege, der mit ihr die Arbeit teilt und die Maschinen – der sagt, wann gesät wird, der sagt, wann gemäht wird, wann geobstet, wann geholzt. Könnte ich mir etwas wünschen, dann den Zauberstab, den Vati erfand, schtips, schtaps, schtöps. Dann wünschte ich mir Kraft und Widerstand.

Laura pflanzt Gemüse, Stefanie arbeitet auf dem Hof, fährt, weil das Geld nicht reicht, in die Fabrik, am 15. Mai 2009 heiraten sie auf dem Standesamt T., zwei Freunde alter Landmaschinen sind Zeugen, dann reisen sie, mit Lauras Kindern, nach Wasen bei Sumiswald, feiern im Häxehüüsli.

Ab und zu kauft sie einen Traktor, neun Landini, vier Hürlimann, einen Massey Ferguson, einen Deutz. Laura sagt, vermutlich sei sie schwanger, Stefanie weint – der schönste Tag in meinem Leben.

Sie bringt Laura zum Arzt, steht neben ihr in engen bunten Kleidern. Stefan, sagt Laura, ich glaube, du übertreibst.

Am 28. April 2010 beginnen die Wehen, Stefanie fährt Laura nach N. ins Geburtshaus – es fühlt sich alles nicht richtig an. Wieso spüre ich keine Wehen, ich bekomme doch heute ein Kind? Wieso bin ich nur Zaungast, wo ich doch gebären möchte? Wer bin ich? Wer bin ich nicht?

Das Kind will nicht ans Licht, ein Krankenwagen bringt Laura und Stefanie nach Aarau ins Spital, Kaiserschnitt, Stefanie steht neben Laura und heult, Laura hält ihre Hand, sie sagt: Alles wird gut. Schliesslich sitzt Stefanie allein in einem Raum, die Hebamme bringt den Sohn und legt ihn in ihre Arme – das soll mein Kind sein? Mir ist zum Jubeln und zum Weinen.

Manchmal, wenn sie nicht in die Fabrik muss, lügt Stefanie, sie fahre zur Arbeit, zieht sich irgendwo um, stöckelt durch Zürich, Bern oder Luzern und liebt die Blicke Fremder – Laura kümmert sich um das Kind, und ich geh im Röcklein spazieren, was bin ich doch für ein Lump.

Der Kollege sagt, wann gesät wird, wann geobstet, wann geholzt – eine Memme bin ich, ein feiger Hund.

Manchmal, wenn sie von der zweiten Nachtschicht nach Hause fährt, um fünf Uhr morgens, denkt sie, wie es wäre, den Roller in einen Lastwagen zu lenken.

Stefanie wechselt vom Jodlerklub Berggruess zum Jodlerklub R., zweiter Tenor, schwarze Hose, weisses Hemd, blaue Weste, auf dem Kragen vier Margeriten und zwei Ähren.

Schtips, schtaps, schtöps, und ich habe Brüste.

Nachts sitzt Stefanie am Computer, bin mann möchte frau sein, liest von Transsexualität, von Transidentität, Transgender, Crossdressing – ich bin nicht der einzige.

Ich bin trans, ich fühle mich als Frau und kämpfe seit Jahren dagegen, kann dagegen nichts tun.

Laura ist wieder schwanger, im neunten Monat. Am 27. Februar 2013, ihrem freien Tag, begleitet Stefanie sie zur Kontrolle in N., sitzt neben ihr, als die Präsidentin des Jodlerklubs anruft, dreimal, viermal, endlich nimmt Stefanie ab, die Präsidentin weint – gut, dass du noch lebst. In der Fabrik wurde geschossen, drei Menschen sind tot, sieben verletzt.

Jesses Gott – im Sarg zu liegen, denkt Stefanie, wäre mir egal, aber nicht in den Kleidern eines Mannes.

Laura gebärt eine Tochter, 4. März 2013, wieder Kaiserschnitt.

Als Mann will ich nicht sterben.

Nach einer Probe mit den Jodlern bittet Stefanie die Präsidentin, Patin seiner Tochter, zur Seite – ich muss dir etwas sagen, was niemand weiss. Meine Laura wird, sobald sie es weiss, deine Hilfe brauchen.

Bist du krank?

Ich bin trans, ich fühle mich als Frau und kämpfe seit Jahren dagegen, kann dagegen nichts tun.

Das überrasche sie nicht wirklich, antwortet die Präsidentin, etwas Ähnliches, mit Verlaub, habe man irgendwie geahnt.

Ab und zu, wenn sie von der zweiten Nachtschicht nach Hause fährt, um fünf Uhr am Morgen, denkt sie, wie es wäre, den Roller jetzt abzustellen und sich, solange es dunkel ist, auf das Gleis der Bern-Lötschberg-Simplon-Bahn zu legen.

Wieder lügt Stefanie, sie gehe zur Arbeit und bindet sich Brüste um, Laura sieht sie nach Hause kommen, sie schimpft und weint – Laura, sagt Stefanie, du bist das Beste, was ich je hatte, Laura, ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr, es sind nicht nur die Kleider, die ich so gern trage, es ist viel mehr, ich fühle mich als Frau, Laura, ich bin eine Frau und will es sein.

Sie schweigt, fragt dann: Wie geht es mit uns weiter? Wir sind eine Familie, haben zwei Kinder.

Die Kinder, sagt Laura, dürfen nichts merken, niemand soll es wissen.

Stefanie sagt: Ich mache, was ich kann, ich weiss nicht, was ich kann.

Im Herbst 2013 sitzt sie, in Perücke und Frauenkleid, zum ersten Mal am Stammtisch des Transensyndikats, Lochergut, Zürich, sie sieht die Menschen an ihrem Tisch – bin ich tatsächlich so wie die?

Geh deinen Weg, sagt Laura.

Stefanie trennt sich vom Kollegen, der mit ihr den Hof führt, 1. Januar 2014, züchtet nun biologisch, Gemüse, Getreide, Poulets, 2500 Tiere, drei Wochen im geheizten Stall, dann sechs Wochen im Freiland, ein Dutzend Schafe.

Schichtarbeit in der Kronospan.

Den Rapport unterschreibt sie mit Stefanie.

Sie notiert: Ich bin eine Teilzeitfrau.

Stefanie ist krank, September 2014, der Arzt redet von Burn-out, Stefanie schweigt und nickt, Laura übernimmt die Buchhaltung. Kurz vor Weihnachten schreibt Stefanie einen Brief mit schwarzer Tinte, zehn Seiten lang, schickt ihn, verschlossen in grossen blauen Kuverts, den Eltern, die längst im Dorf leben, und den drei Geschwistern – liebs Muetti, lieber Vati, ich weiss sehr gut, dass ich euch mit meinem Outing viel zumute, und ich weiss, dass ich mich schon längst hätte öffnen sollen. Ich habe ganz einfach die Kraft nicht mehr, mich zu verleugnen, ich will endlich so sein, wie ich bin. Meine grösste Bitte ist, dass ihr diese Neuigkeit für euch behält, unseren Kindern zuliebe. Es soll ein Geheimnis der Familie bleiben. Und bitte stellt euch nicht die berühmte Frage: Was habe ich falsch gemacht? Ihr habt gar nichts falsch gemacht! Trans wird man nicht durch äussere Einflüsse, trans kommt man zur Welt. Ich war nie der Bub, den ihr meintet, nie ein Mann. Eine neue Tochter, eine neue Schwester möchte ich euch an Weihnachten schenken. Nun stosst auf mich an, geniesst das Fest und seid glücklich, ich will es auch sein. Mit ganz lieben Grüssen, eure Stefanie.

Noch an Heiligabend, kaum sind ihre Kinder im Bett, fährt Stefanie zu den Eltern, die Mutter sitzt in einem Sessel, zieht Stefanie zu sich und umarmt sie.

Der Abteilungsleiter – was soll der Quatsch? Du bist doch keine Frau?

Ich bin, was ich bin.

Ab und an kauft sie in der Landi Futter für ihre Hühner, die Füsse in Sandalen, die Nägel rot.

Neujahr 2016, Stefanie bleibt im Bett, weiss nicht, was sie denken soll – wenn ich auf einen Lastwagen zuhalte, morgens um fünf, sieht es wie ein Unfall aus.

Ich nehme in Kauf, alles zu verlieren, dich, unsere Kinder, den Hof, die Arbeit, die Gesellschaft, die Achtung, aber ich kann als Mann nicht mehr sein.

Am 17. Januar 2016, zusammen mit einer Transfreundin aus Zürich, sieht sie in Aarau den Film The Danish Girl, die Geschichte der dänischen Malerin Lili Elbe, die sich zu Beginn der Dreissigerjahre, um vom Mann zur Frau zu werden, einer Operation unterzog, Stefanie kann nicht mehr schlafen.

Heute bin ich im Netz auf den Blog von Beate Müller gestossen, die sich vor 9 Jahren in Thailand operieren liess. Ich habe ihr ein Mail geschickt und prompt eine Antwort erhalten. Schritt für Schritt wird sie mich in mein neues Leben begleiten, 6.2.16.

12.2.16: Am Mittwoch habe ich einen Termin beim Hausarzt, um erste medizinische Abklärungen zu treffen. Es gibt kein Zurück.

Laura und Stefanie sitzen in der Küche am Rand des Dorfes, sie weinen und schweigen. Ich nehme in Kauf, sagt Stefanie, alles zu verlieren, dich, unsere Kinder, den Hof, die Arbeit, die Gesellschaft, die Achtung, aber ich kann als Mann nicht mehr sein.

14.2.16: Heute habe ich mich, gemäss Laura, zu sehr geschminkt und bin auch noch mit schwarzen Strumpfhosen und meinem roten Parka und hellblauen Tamaris Stiefeletten zur Arbeit gegangen. Laura hatte einen halben Nervenzusammenbruch, und wir wechselten WhatsApp der Hoffnungslosigkeit.

Was geschieht mit deinen Männerschuhen?

Die zieh ich an, wenn ich mit dir ausgehe, sagt Stefanie.

Laura wirft die Schuhe zum Abfall – je schneller ich mich daran gewöhne, dass du eine Frau bist, desto besser.

Stefanie trägt schwarzen Samt, als Ende Februar Beate vorfährt – sie bringt mir Gynokadin, ein Gel, damit ich meine ersten Östrogene bekomme.

Am Freitag war die Beerdigung von Onkel Othmar, ich trug Tunika, hohe Stiefeletten (8 cm), Handtasche und Schminke inkl. Mein Brustumfang nach dem ersten Hormonzyklus beträgt halb ausgeatmet und Massband locker gezogen: 99 cm.

10.4.16: So vieles nehme ich jetzt anders wahr, sensibler, manchmal melancholischer. Gestern war ein schöner Frühlingstag. Ich spielte mit den Kindern auf dem Scheunenplatz. Und ich hatte nicht das Gefühl, gleichzeitig noch etwas erledigen zu müssen. Ich fühlte mich als Mutter, die einfach nur da ist für ihre Kinder.

Bis anhin habe ich mein Teil zwischen den Beinen mehr oder weniger akzeptiert. Neustens verliere ich aber jede Beziehung zu ihm. Ich empfinde es als etwas Fremdes, das nicht mehr dorthin gehört. Ich bin immer sicherer, dass ich es tun werde.

Frauen, sagt der Abteilungsleiter, sind in unserem Vierschichtbetrieb nicht erlaubt.

Euer Problem, sagt Stefanie.

Irgendwann kriegst du die Kündigung.

Damit rechne ich, Hauptsache, Frau.

Die Tochter, drei Jahre alt, sagt: Dann bist du halt mein Reservemami.

Der Sohn, sechs, fragt Laura: Wieso muss das sein, dass Papi eine Frau ist? Geht es nicht anders?

29.5.16: Die Hormonwerte, nach meinem Zyklus in der Follikelphase, entsprechen absolut den Werten einer Bio-Frau. Am glücklichsten macht mich, dass mein Testosteronwert mit 1,0 (Referenzwert 0,5–3,5) ohne Testosteronblocker im unteren Bereich des normalen weiblichen Spiegels liegt. Ich habe eine Grundzufriedenheit, wie ich sie zuletzt als Kind hatte.

31.7.16: Vielleicht sollte ich doch Schluss machen. Aus dem Fenster springen? Unter den Zug? Ins Wasser? Was wird aus meinen Kindern? Was aus Laura? Ich weiss nicht mehr weiter.

Ich werde immer trauriger, sagt Laura, und du wirst immer schöner.

In der Fabrik reibt sich einer mit beiden Händen die Brust – muss geil sein, wenn man plötzlich Titten hat.

Stefanie, sagt die Präsidentin des Jodlerklubs, fünf Mitglieder sagen, entweder du oder sie.

Die Oberschenkel haben etwas Fett angesetzt und sehen in Strümpfen viel weicher und weiblicher aus.

Ab und zu legt Stefanie eine Platte auf, Die Moldau von Smetana – ich werde für Laura immer befremdlicher. Ich weiss nicht, ob wir es schaffen.

Gestern war ein schöner Herbsttag. Ich habe mit Laura Kartoffeln ausgegraben, wir hatten einen harmonischen Tag unter Frauen. Es folgte die hellste Vollmondnacht seit langem. Wir lagen zwar müde im Bett und genossen die Nacht trotzdem in lesbischer Weise.

14.11.16: Brustumfang genau 100 cm.

Sehr geehrte Damen und Herren, aus fachärztlich-psychiatrischer Sicht ist es dringend angezeigt, dass der amtlich eingetragene Personenstand von Frau Stefanie L., 25.11.1969, dem weiblichen Identitätsgeschlecht angeglichen wird. Um den psychischen Gesundheitszustand zu erhalten, psychische Krisen und Diskriminierungsprozesse zu verhindern bzw. die psychischen Risiken des Angleichungsprozesses zu minimieren, ist so rasch wie möglich eine Übereinstimmung zwischen der gelebten/gefühlten Geschlechtszugehörigkeit und dem amtlich eingetragenen Personenstand herzustellen, da dies ein wichtiger Schritt auf dem Weg ihrer sozialen und juristischen Anerkennung als Frau und für ein Leben entsprechend ihrer Identität darstellt. Mit freundlichen Grüssen, Medizinische Fachstelle für Transgenderpersonen, Luzern, 20. November 2016.

Laura schläft im Nähzimmer.

Stefanie bietet einem Bekannten ihren Landini Bufalo an – ich brauche Geld für die Anzahlung an die OP.

Bezirksgericht V., das Gesuch vom 2. Dezember 2016 wird gutgeheissen, und es wird festgestellt, dass der Gesuchsteller weiblichen Geschlechts ist.

Stefanie, Perücke, Rock, Pumps, besucht das Jodlerkonzert im Dorf, Ende März 2017. In ihr Tagebuch schreibt sie, sie sei überzeugt, die erste Transjodlerin der Schweiz zu werden, ich fordere den Bertschi Franz zum Tanz auf. Mir ist so wohl. Sollen die Leute denken, was sie wollen.

Laura sagt, sie wisse nicht, ob sie den Rest ihres Lebens ohne Mann sein könne.

Stefanie setzt sich in eine Kirche, wartet und schweigt, zündet eine Kerze an.

Ich könnte es verstehen, sagt Stefanie, wenn du dich irgendwann in einen Mann verliebtest. So weh es mir täte.

28.7.17: Jeden Tag Regen. Der Hafer ist zerschlagen, der Weizen schwarz. Hermann will den Bufalo nicht, alles ist Scheisse.

Ob sie eine eigene Toilette brauche, fragt der Personalchef in der Fabrik.

Ende August 2017, im Dirndl ohne Schürze, rattert Stefanie auf ihrem Landini Bufalo ans Oldtimerfest nach Möriken-Wildegg, viele erkennen sie nicht, einer, als er endlich weiss, wer sie ist, schimpft: Jetzt hast du uns aber arg verarscht.

Zwanzig Jahre lang habe ich euch verarscht, sagt Stefanie, aber nicht jetzt.

Gestern spielte die Kleine mit dem Baby Born. Ich sass mit ihr auf dem Sofa, und auf einmal reichte sie mir die Säuglingspuppe und sprach: Mama – mämäm trinke. Dann hielt sie mir die Puppe gegen meine Brust. Ich hob mein T-Shirt, setzte die Puppe an und stillte sie. Ich fand es weder komisch noch albern, im Gegenteil, es fiel mir schwer, die Puppe wieder von der Brust zu nehmen. Mich überkam Wehmut, im Bewusstsein, in der falschen biologischen Rolle meine Kinder bekommen zu haben. Wortlos nahm ich meine Tochter in die Arme und drückte sie an mich.

Die halbe Nacht geweint – Tod oder Frau.

Neugeboren am 29. November 2018 in The Suporn Clinic, Sex Reassignment Surgery, Chonburi, Thailand: Stefanie L. – 49 Jahre zu spät.

Alle Namen geändert, ausser der von Stefanie.

Januartreffen

Bericht: Adriana / Fotos: Stephan


Guten Morgen Mädels

Bevor mich der Bericht vom Februar Treffen überholt, noch eilig meine Eindrücke vom Januar Treffen.

Das Treffen fand am Freitag 5. Januar statt. Im Gegensatz zu den Samstagen musste die Zeiteinteilung mit Arbeitsende und Hinfahrt ins Al Ponte sorgfältig geplant werden.
Also, früher Arbeitsschluss und ab die Post. Seit meiner hormonellen Umstellung habe ich eigenartigerweise seit Neustem die Tendenz, zu spät zu kommen…
Diesmal nicht. Wir kamen eine Stunde zu früh im Al Ponte an und bezogen Logis. Ein herrliches Gefühl, für einmal nicht zu spät zu erscheinen.
Eine kleine Runde Backgammon wird uns für unsere Disziplin belohnen. Das Spiel hat ein gewisses Suchtpotential…also lieber Finger weg 😉
Ein Blick auf die Uhr – das war‘s…
Wir machten uns eilig zurecht und erschienen als letzte im Speisesaal. Infolge Überbelegung, wurde uns ein Tisch ausserhalb der Gruppe zugewiesen.

Die Letzten beissen die Hunde…Es erinnerte etwas an den Kindertisch bei Familienfeiern. Optisch waren wir von der Gruppe etwas ausgegrenzt, was ironischerweise auch vorkommen kann.
Janina gesellte sich auch zu uns an den Tisch und Rita kümmerte sich aufrichtig und ganz lieb um uns „Aussenseiterinnen“. Sie offerierte mir, dass ich den Bericht zum Anlass schreiben durfte, was mir ehrenhaft schmeichelte.
Ich durfte die zauberhafte Janina kennenlernen. Wie führten anregende und bereichernde Gespräche mit einem tollen Essen…einfach himmlisch.
Im Dezember wurde eine Spendenbox für die Kasse, deren Pegelstand bedenklich tief war, gegründet. Nach der letzten Übernachtung im Hotel, bat mich der Chef, den vergessen gegangenen Klingelbeutel mitzunehmen.
Natürlich brachte ich ihn leer zurück, was zu lustigen Kommentaren und zur erneuten Geldsammlung führte. Eines Tages können wir das Al Ponte kaufen 😉
Nach dem Essen, besetzte unsere Gruppe die Bar und Lobby. Faktisch besassen wir das Al Ponte in diesem Moment. Die Gäste passierten mit wohlwollenden Blicken und lieben Worten unsere Welt. Mit den Medienberichten der letzten Zeit können sich jene noch den Hintergrund zum Erlebten ergänzen.
Drinks, Gespräche und ein Fotoshooting rundeten den Abend in herrlicher Weise ab.

Vielen Dank an Alle und herzliche Grüsse,
Adriana

Fotos vom Januar Monatstreffen 2018

 

Dezembertreffen

Bericht: Rita / Fotos: Stephan


Nach der Jahresversammlung konnte die Party beginnen. 42 Partygirls folgten der Einladung und sind nach Wangen gekommen, darunter auch viele Gäste.

Beim Apéro wurde es im Foyer immer wärmer, immer enger und wir rückten immer näher zusammen. Trotzdem fand nur gerade die Hälfte einen Sitzplatz, was für den Apéro aber völlig egal ist.

Die Frauen haben mit Leidenschaft nur das beste Styling für das Weihnachtstreffen ausgewählt. Sie rockten das Alponte; viel Glanz, ein Richtig um sich mit Charme und Glitzerappeal zu präsentieren.
Für stimmiges Ambiente sorgte das Alponte mit Weihnachtsbaum, Elche, glänzenden Kugeln und auf meinen Wunsch auch mit Nüssli und Mandarinen.

GWHF
Besucherrekord
42 Leute
Im Speisesaal besetzten wir so viele Tische wie noch nie. Dank frühzeitiger Info konnte das Alponte genügend Personal mobilisieren. Bei so vielen Leuten habe ich den Überblick verloren, welche Frau kenne ich und welche nicht. Einige war zum ersten Mal bei einem GWHF Monatstreffen dabei. Eine Frau erzähle mir, dass sie vor vielen Jahren zum letzten Mal bei einem Treffen dabei war. Leider war unterhalten nur mit Vereinzelten möglich, es waren einfach zu viele Leute. Es ist mir nicht entgangen, dass einige Frauen auch auf Glanzlichter in Form von Schmuck und sinnlichem Parfüm setzen.
Bald verstummten die Zwiegespräche. Die appetitlich angerichteten Teller werden serviert, fast alle gleichzeitig. So wie es für ein gemeinsames Nachtessen sein sollte.

Nach dem Hauptgang blieb noch viel Zeit fürs quatschen, diskutieren und lachen. Stephan wartete aufs erste Modell fürs Fotoshooting. Frau will schöne Föteli haben.
Im WC herrschte Hochbetrieb. Es wurde gepinselt, gemalt, gestrichen und gute Düfte versprüht. Stephan brachte es im Laufe des Abends auf 150 Föteli. Im Jahr 2017 sind es 1500 geworden. Danke Stephan!

 

Die süssen Frauen rundeten den Abend noch mit einem Coupé Frauentraum, Mousse au Chocolat, Tiramisu oder Panna Cotta ab.

Die Heimfahrt naht. Zeit um sich zu verabschieden, Schnell, viel zu schnell war es wieder Mitternacht.
Es war ein gelungenes Monatstreffen. Ich freue mich wieder auf die 12 Monatstreffen im Jahr 2018.
Liebe GWHF Mitglieder, Freunde und Bekannte, ich wünsche euch alles Gute und viel Glück im neuen Jahr 2018.
Rita

Jahresversammlung 2017

Bericht: Rita / Fotos: Stephan / Protokoll: Rita


Wie im Organisationskonzept festgelegt ist, führen wir beim letzten Monatstreffen im Jahr, die Jahresversammlung durch. Diese dient der Information und Orientierung über das vergangene, sowie den Ausblick fürs Jahr 2018.

Die diesjährigen Traktanden waren von grossem Interesse, lockten sie viele Leute zur JV. Besonders gespannt waren sie auf die Präsentation der neuen, komplett überarbeiteten Homepage.

Die grosse Anzahl Teilnehmerinnen blieb fürs Alponte nicht ohne Folgen. Der Raum musste umgestaltet werden; Tische wurden entfernt und in Kinobestuhlung umgebaut. Herr Walker der Besitzer vom Alponte stellte uns den Raum und das ganze Equipment gratis zur Verfügung. Danke

 

 

Protokoll

Rückblick 2017

  • Das Interesse an den Monatstreffen war sehr gros, hat alle Bisherige übertroffen. Besucherrekord 42 Leute.
  • Die Anmeldeverfahren für die Treffen mittels Doodle verbesserten sich sehr.
  • Die GWHF Homepage erneuerten Tina und Daniela wie folgt:
    1. Wechsel von Joomla zu WordPress: einfacher, aktueller, schlanker, sicherer und frischer
    2. Inhalte abgespeckt und aufgefrischt
    3. Homepage Mobil tauglich programmiert

Änderung im Kernteam

Neue Homepage
ist ab 3.
Dezember
aufgeschaltet

  • Neu: Tina (Website, Technik)
  • Rita (Monatstreffen, Berichte)
  • Regina (Kommunikation, Organisation)
  • Daniela (Administration, Buchhaltung)

Ausblick 2018

  • Jeden Monat wird es im Alponte ein Treffen geben. Siehe Homepage
  • Auf weitere Treffen organisiert von den Mitgliedern wird gehofft
  • Das Kernteam wird die Informations- und Kommunikationskonzepte überarbeiten
  • Für die Kernteam-Mitglieder Regina, Daniela und Rita werden Nachfolgerinnen gesucht.
  • Der SRF Dok. über Andrea wird im Januar ausgestrahlt, siehe Homepage
  • Die neue Homepage wird ausgebaut. Inputs werden von den GWHF Mitgliedern erwartet.
  • Um gemeinsam mit dem Essen beginnen zu können wird Alponte den Serviceablauf ändern. (Test).

Schluss Jahresversammlung 18:50

Rita Protokollführerin

2. Styling-Night

Bericht: Sharon


v.R: Sabine, Sharon, Rolf Organisator, Beraterin
Als das bekannte Zürcher Damen-modehaus modissa an der Bahnhofstrasse am 16. Nov 2017 um 20 Uhr wie gewohnt die Pforten schloss, strömte eine kleine Zahl von Frauen rasch durch den Haupteingang in das Gebäude.
Für einige von ihnen wurde extra die grosse elektrische Glastüre zum Einlass wieder geöffnet. Was ging dort an diesem dunklen und kalten Novemberabend vor sich?
Zum 2. Mal lud die Geschäftsleitung von modissa zu einer Styling-Night speziell für Transgender ein.

Bei der Planung des Abends erhielt das modissa-Team wie beim ersten Trans-Event im Juni 2017 auch dieses Mal Unterstützung von Sharon von Special Trade Schweiz sowie von Rolf Nungesser von der Real Time Society in Zürich, die sich auf die Organisation von Kampagnen, Events und Kommunikation im Detailhandel spezialisiert hat.
Auch an diesem Abend hatte das Team von modissa einige zur Herbst-Wintersaison passende und aktuelle Kleidungsstücke ausgewählt und auf einem Ständer präsentiert. Dabei wurde Wert darauf gelegt, dass die Schnitte dieser Kleidungsstücke helfen, die männliche Anatomie femininer wirken zu lassen.

Dazu wurden feine asiatische Häppchen und Getränke wie Mineralwasser und Prosecco an die versammelten Transgendern angeboten.

Nach kurzer Begutachtung und Erläuterung der zusammengestellten Kleider machten sich die Besucherinnen schon bald auf den Weg, die 6 Etagen des Modehauses auf eigene Faust oder in Begleitung einer modissa-Beraterin zu erkunden. Das Auswählen und die Anprobe bereiteten sichtlich Freude.
Eine bekannte Exponentin des GWHF zeigte sich in eleganter, bodenlanger roter Abendrobe – ein wirklich göttlicher Anblick, doch der Preis des exklusiven Kleides gebot schlussendlich doch, dieses wieder dort aufzuhängen, wo es vor der Anprobe gehangen hatte

Dennoch fanden viele der Besucherinnen etwas für sich persönlich Passendes, denn dank der fachkundigen und geduldigen Beratung fiel es nicht allzu schwer, etwas aufzuspüren, was wirklich von Schnitt, Farben und Grösse passte.
Gegen 23.15 Uhr machten sich die Besucherinnen nach einem erholsamen Bummel durch die aktuelle Damenmode auf den Heimweg. Manche von ihnen trugen stolz ihre neu erworbenen Kleider in einer chicen Modissa-Tasche am Arm, natürlich nicht ohne die angebotenen 10% Rabatt genutzt zu haben.
Der nächste Event bei modissa speziell für weibliche Transgender wird im März oder April 2018 stattfinden. Wir werden rechtzeitig darüber informieren, damit dieser besondere und interessante Anlass von noch mehr Menschen unserer Community besucht werden kann.

Sharon

Schönes Spätherbst-Wetter

Bericht: Rita / Fotos: Stephan


Lise
Das Herbstwetter zeigte sich beim 11. Monatstreffen von seiner schönsten Seite: Die Temperaturen stiegen an vielen Orten auf über 20 Grad. Das wunderschöne Wetter lockte die GWHF Frauen an die Sonne. Sie genossen milde Temperaturen. Es sollte das letzte warme Wochenende 2017 sein. Die Tage werden bald nass und kalt und oft wird eine frische Brise Wind blasen. Das wird die Girls nicht stören. Sie werden Wind und Wetter trotzen.
Monatstreffen
Auf dem Weg zum November-Treffen war viel los auf den Strassen. Die Nerven wurden strapaziert und viel Geduld abverlangt. Der Verkehr stand vielerorts still. Mit grosser Verspätung bin ich in Wangen angekommen.
Beim Apéro wurde es im Foyer mit 24 Teilnehmenden eng. Während die meisten Frauen es sich mit einem Apéro bequem machten, feilten andere am perfekten Posing herum.

Cool meinte eine Cisfrau. Die modisch, elegant und sexy gestylten Frauen haben ihr gefallen.

Marylinne
Im Gänsemarsch stöckelten wir in den Speisesaal. Dabei ist einigen Gästen beinahe die Gabel im Mund stecken geblieben. Eventuell meinten Sie sie seien im falschen Film.
Ob lange oder kurze Kleider, für Party, Business oder Freizeit. Die Frauen mögen die Vielfalt femininer Looks. Vielfalt geht vor Dresscode. Ob die Gäste sich inspirieren liessen? Die Styling-Tricks und die Griffe in den falschen Schrank sind ihnen dabei bestimmt nicht entgangen.
Beim Studium der Speisekarte mit nachfolgendem Dreigänger gingen die guten Vorsätze vergessen, tschüss BMI. Die Korsage wird es schon richten.
Das Make-up musste trotz Trink-Röhrli leiden; die roten Lippen sind verblasst, die Frisur machte schlapp „Update your make up and your look“, herzlich willkommen auf dem Damen-WC!
Janine
Trotz Schminkstress blieb für angeregte Gespräche noch Zeit. Ich nutzte sie um die neuen Aktivmitglieder etwas besser kennen zu lernen. Ihre Sorgen und Ängste sind weitgehenst identisch mit unseren/meinen eigenen. Disziplin sei nötig, Frau müsse verzichten können, verrät mir eine Frau. Wie recht sie hat.
Im Laufe des Abends hat sich bei einigen Frauen die anfängliche Anspannung gelöst, Gelassenheit und das Vertrauen ist dafür eingekehrt. Dazu ist das monatliche Treffen auch gedacht. Teilziel ist damit erreicht worden.
Emma
Die Zeit verging wie im Fluge. Nach kurzem Schlummerdrunk im Foyer trete ich mit dem Gefühl einen wunderbaren Abend verbracht zu haben, die Heimreise an.
Die neue Aktivmitglieder sind: Lise, Marylinne, Janina, Emma
In der Homepage unter über uns kannst du die aktiven Frauen sehen
Ich freue mich aufs Dezembertreffen.
Rita

Mein wahres Leben

Bericht: Rita / Fotos: Stephan


Mein wahres Leben

Hoi zäme,
bereits vor Jahren besuchte ich die Webseite von GWHF und bekam damals das Gefühl, dass es sich um einen reinen „Crossdresser“ Treff handelt und ich mit meinen verwirrenden Gedanken, da eher fehl am Platz bin. Seit meinen letzten zwei besuchen musste ich mein Missempfinden revidieren.

Olivia

 

Seit 2 ½ Jahren nehme ich gegengeschlechtliche Hormone zu mir und lebe seit einem Jahr (24/7) mein wahres Leben. „Ich war innerlich immer ein Mädchen und jetzt werde ich langsam zur Frau“.

Hat die Seele ein Geschlecht? Mit dieser Frage beschäftigte ich mich mein halbes Leben lang und kam für mich zum Schluss, eher nicht! Woher stammt denn meine Unstimmigkeit? Ich bin eine Frau, die ihr bisheriges Leben als Mann verbracht hat und dabei meistens sehr glücklich war. Etwa seit meinem fünften Lebensjahr weiß ich von meiner Unstimmigkeit und konnte sie lange nicht verstehen und annehmen. Viele spontane Handlungen öffneten mir mit der Zeit die Augen und ich begann ganz langsam dazu zu stehen. Lebte meine weibliche Seite im Versteckten bis ich dann soweit war und mein sogenanntes „Intig“ abschließen konnte. Es dauerte weitere Jahre um einzusehen, dass ich diesen Weg gehen muss. Es nicht anders geht, bis es Stimmig wird. Trans* bedeutet für mich, die Phase in der ich momentan stecke.

Es brauchte Zeit und Offenheit mir selber gegenüber, um zu erkennen wer ich wirklich bin. Das Gefühl der inneren Zerrissenheit. Es wird oft einfach gesagt, wir Trans*Menschen leben im falschem Körper. In der Wirklichkeit ist dieses Empfinden aber sehr Individuell. Es können Jahrzehnte vergehen bis diese Diskrepanz zum Vorschein kommt und sich festigt. Es sind einzelne Teile des Körpers die ich nicht als Stimmig empfinde und dieses Empfinden erfahre ich auch nicht konstant, sondern bemerke es weitgehend unbewusst und unterschwellig. Es sind die kleinen Dinge die es ausmachen wie die fehlende weibliche Brust, überflüssiger Penis, Bartwuchs und Körperbehaarung. Aber auch Verhaltensmuster und Bekleidungsvorstellungen die ich deswegen nicht leben durfte. Da es nicht Gesellschaftskonform war oder vom Umfeld falsch interpretiert und verstanden wurde.

Ich traute lange nicht jemanden darauf anzusprechen was mich beschäftigte. Ich war vor der Pubertät eher schüchtern. Wusste auch nicht weshalb ich diese verwirrenden Gefühle empfand und deswegen unstimmig mit meinem Körper war. Erst ab 2001 begann ich es langsam meine besten Freunde zu gestehen, was mich bereits mehr als mein halbes Leben beschäftigt. Aber ich wusste damals noch nicht das eine „Transition“ möglich ist und wie weit ich bereit bin zu gehen, oder ob ich diesen Weg überhaupt gehen möchte. Ich hatte auch Angst davor mich psychisch beurteilen und als Krank deklarieren zu lassen und mich so gesellschaftlich wie auch wirtschaftlich in den Abgrund zu werfen. Auch hemmte mich die Vorstellung von operativen Eingriffen und den enormen Kosten die anfallen. Zehn Jahre später, weiß ich das ich mich dagegen nicht wehren kann und den ganzen Weg gehen muss, um zur Ruhe und so zu mir selbst kommen kann.

Ich lernte mein Verhalten in Situationen zu beobachten, zu reflektieren und auf die inneren Bilder zu hören. Die kleinen funken die vom Unterbewusstsein kommend durch das Gehirn blitzen. Diese und andere Gedankengänge führe über die Planung dem Frau sein mehr Freiraum zu geben, bis zur unausweichlichen Entscheidung. Ich mag mich noch gut an den Moment erinnern, als ich alleine zu Haus und fertig gestylt vor dem Spiegel stand und für mich einsehen musste, dass ich den „point of no returne“ bereit überschritten hatte. „Das bin ich!“ Ich werde meinen Körper entweder angleichen oder meinen Frieden mit ihm schließen müssen. Ich habe dann wirklich verstanden, dass ich etwas ändern musste, um glücklich zu sein. Meine inneren Bilder sind seit dem ich auf dem Weg bin sanft geworden. Ich erlebe fast ständig den Zustand des Flow. Als wäre dieser Weg für mich bereit vorgeschrieben. Ich liebe Philosophien und stehe auf Wissenschaften. Etwas zu hinterfragen und Steine umzudrehen. Trotzdem verspüre ich den Sog des Flusses, der mir scheinbar den freien Willen entzieht.

Meine Diskrepanz äußert sich vor allem beim Körper. Mit Veränderung der Körperaspekte durch Hormone ist ein großer Schritt möglich, doch bleiben diverse Körperelemente so wie bisher und können nur medizinisch angepasst werden. Dies sind rein Körperliche Aspekte, wohl natürlich im alltäglichen mit der „richtigen“ Kleidung kaschiert werden können. Die Darstellfunktion der Kleidung ist mir seit dem ersten Schuljahr bereits aufgefallen, als ich das Buch vom tapferen Schneiderlein las. Die Reaktion der Mitmenschen, angeschaut, beurteilt und eingeschachtelt zu werden. „Ich bin was ich aus mir mache, bekleide meinen Körper nach meinem Selbstbild zur Identifikation und zur Kommunikation.“ Nicht die Haut empfinde ich als Körpergrenze sondern die Kleidung. Trotzdem bleibt die Haut auf dem Körper und auf den bauen wir unsere gesehene Persönlichkeit auf. Von der Kleidung, über das Bewegungs- und Verhaltenmuster, die uns weiter formen zur Stimmlage oder der Melodie die wir verwenden. Um als wir selber wahrgenommen zu werden. Wir verwenden so viele aufgesetzte gesellschaftliche Attitüden um uns voneinander zu unterscheiden oder eben gerade das Gegenteil, zur Identifikation. Und wenn der Geist mit der Materie nicht übereinstimmt? Wie soll mit solch einer Einschränkung je eine Kommunikation entstehen, die nicht zwangsläufig ins Missverständnis führt.

Rita kam wegen dem Bericht auf mich zu, aber irgendwie wollte ich nicht schreiben wie ich den Abend empfunden habe.

Einerseits sehen ich mich nach meiner weiblichen Natürlichkeit, andererseits kenne ich meine Verkleidungslust. An den beiden Abenden habe ich mich zu sexy gegeben, was sicher auch eine Seite von mir ist. Doch meistens bin ich ein Freakgirl. Ich liebe Skate und Snowboarding, rase gerne mit dem Bike Berge hinunter und wenn ich am Meer bin, packe ich das Surfboard aus. Nebenbei gehe ich Klettern oder bin irgendwo in der Natur unterwegs. Und wenn ein Feuer zum Grillen gemacht werden muss, dann mach ich das. Also richtig ein sportliches Naturmädchen. Mit mir kann man Pferde stehlen und ab und zu habe ich auch gerne leicht einen Sitzen.

Im nachhinein reflektiert, war der Abend für mich reine Fashion Show und ich sah in vielen Gesichter, mich vor 10 Jahren.

Schön war’s, aber einfach viel zu kurz. Freue mich schon auf mein nächstes Treffen mit euch 😉

Liebe Grüsse Olivia