Der Kampf mit sich selbst

Der ständige Kampf gegen meinen inneren Schweinehund hielt mich schon oft ab, irgendetwas zu tun – so auch ein Treffen unter Gleichgesinnten. Es ist dieser magische Moment, wenn die Karten gefallen sind und ein Rückzug nicht mehr in Frage kommt. Ich erinnere mich noch an meine erste Begegnung, das Queerbad. Habe es fest vorgenommen, unterwegs im Tenue „Normalo“ Parkplatz gefunden, mit strammem Schritt ins Restaurant marschiert – die Schritte werden langsamer, ich blicke auf besagten Queertisch. Die Transpersonen wirken freundlich, aufgeschlossen und frei. Noch bevor ich den Tresen erreichte, hielt mich wieder die unsichtbare Wand auf. In Sekunden ging mir alles, wirklich ALLES durch den Kopf. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt professionelle psychologische Hilfe im Anfangsstadium. Selbstversuche als Crossdresser, wenn auch nur heimlich. Ich hatte weder den Mut, als Frau in die Öffentlichkeit zu treten noch andere Transgender kennen zu lernen. Der innere Schweinehund bewog mich zum Rückzug. Vorwürfe und Verzweiflung begleiteten mich noch ein paar Tage.

Beim zweiten Versuch gings schon einfacher, und ich konnte mich gut verständigen – auch wenn ich noch keinen Namen für mein „inneres Geschlecht“ hatte. Mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen, ich hatte keine Sekunde verschwendet und der Wissensdurst war gestillt. Die letzten Tabus wurden überwunden. Mein erster Feldversuch war eine Motorradfahrt en femme, nur mit Helm. Um meine geheime Identität zu bewahren, zog ich einen Regenschutz (sehr unhandlich, aber effektiv) an und watschelte damit drei Stockwerke runter zur Türe. Meinem Vater entging dies nicht, er fragte mich, was mich beschäftige. Ich wich den Fragen aus. Erst als ein Paket mit Klamotten die letzten Zweifel beseitigte, konnte ich mich ihm anvertrauen. Besser gesagt: er vermutete es und ich bestätigte es ihm. Obwohl er hinter mir steht, ist dieses Thema bei seiner Lebensgefährtin und seinen beiden Brüdern eher tabu. Weshalb ich nach neuen Bekanntschaften Ausschau hielt.


Aus diversen Quellen empfahl man mir GWHF. Da ich allergisch gegen Städte bin, kommt mir Wangen an der Aare gelegen. Es ist schnell gefunden und es ist ein Samstag. Ich plante etwas wenig Zeit ein, um mich zu schminken, denn ich arbeite im Schichtbetrieb und musste am Nachmittag ein paar Stunden schlafen. Wieder diese unsichtbare Wand, die mich davon abhielt, die Terrasse des Restaurants Al Ponte zu betreten. Diese löste sich aber schnell. Inmitten der Terrasse sassen wir auf vier Tische verteilt. Freie Platzwahl und ein grosszügiger Menüplan steigerten das Ambiente. Das Personal ist flink und freundlich. Das Essen vorzüglich zu absolut fairen Preisen. Auch beim zweiten Treffen an einem Freitag war ich dabei. Kein Negativpunkt- na ja, die aus Zürich waren etwas spät dran 😉 Der Chef de Service wusste sogar, was ich im August bestellt hatte. Es war interessant zu sehen, wie viele da waren, die vielleicht an einem Samstag nicht kommen können.

Janna – Die Wut des Sturms